Günter Maria Halmer mit Dieter Pfaff

FRED BREINERSDORFER

ANWALT ABEL – DER DIENSTAGMANN

Buch: Fred Breinersdorfer, Regie: Frank Guthke, mit Günter Maria Halmer, Andrea l’Arronge, Dieter Pfaff, Magdalena Richter, Wolfgang Wahl, Reent Reins u.a., Produktion: TV60film Bernd Burgemeister, München, Erstsendung: 5.12.1988, 19.30 Uhr, ZDF

Abel hat einen Mann namens Hiltsch zu verteidigen, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, am Faschingsdienstag nach einem Betriebsfest eine Kollegin heimlich verfolgt und in einem Park brutal vergewaltigt zu haben. Tilly, das Opfer, hatte Hiltsch zuvor auf der Party eine deftige Abfuhr erteilt. Abel fragt, ob sein schüchterner, zurückgezogener Mandant, sich wegen einer Ohrfeige so grausam rächt. Tilly hat den Täter nicht erkannt. Abel muss als Verteidiger Zweifel schüren, zumal die Tat in ein anderes Schema zu passen scheint, eine Serie von Sexualdelikten, jeweils begangen an einem Dienstag. Ist Hiltsch der mysteriöse Dienstagmann? Tilly, eine lebenslustige Frau, zerbricht fast an den Belastungen der Ermittlungen und des Prozesses, auch Hiltsch, der Angeklagte, gerät in eine Lebenskrise. Als Abel bemerkt, dass Hiltsch ihn belügt, legt er das Mandat nieder, den wahren Grund darf er nicht nennen – doch das Gericht verpflichtet ihn als Pflichtverteidiger und Abel muss zusehen wie die Saat seiner Argumente beginnt aufzugehen.

Die gute Kritik: In den spannendsten Momenten herrscht hier nicht betriebsame Hektik mit hysterischen Ausbrüchen, sondern einfühlsame Ruhe, die das Maß; der Spannung ins fast unerträgliche steigert. (Süddeutsche Zeitung)

Die schlechte Kritik: Haarsträubende Geschichte! (Badische Neueste Nachrichten)

Die Quote: 8,8 Millionen Haushalte (alte Quotenmessung, ohne Marktanteile)

Verfilmung des gleichnamigen Romans von Fred Breinersdorfer, lieferbar als Taschenbuch in überarbeiteter Neuauflage 2006 bei Pendragon. Mit diesem Film begann die ZDF-Serie “Anwalt Abel”, die es auf insgesamt 20 Folgen brachte. – Der Autor schreibt dazu in einem Nachwort zu der erwähnten Neuauflage:

“Heute werden Serien und Reihen im Fernsehen minutiös geplant. Man versucht das jedenfalls. Denn das Publikum ist launisch und wechselt Geschmack und Vorlieben. Ich wage nicht zu beurteilen, ob Abel heute eine Chance hätte. Die Abel-Reihe dagegen entwickelte sich organisch aus dem ersten Film, und ihre Fortsetzung hing oft am seidenen Faden der Quoten.

In den 80er Jahren war die Spontaneität und die Entscheidungsfreude der Programmverantwortlichen größer – und ihre Spielräume weiter. Die Folge war ein aus heutiger Sicht fast ans Unvorstellbare grenzende Risikofreude. So entstanden Hits wie der „Tatort“ an sich, „Schimanski“, „Kir Royal“ in der ARD, „Der Alte“ und „Derrick“ im ZDF – und nicht zu vergessen der unvergleichliche „Liebling Kreuzberg“ von Jurek Becker mit Manne Krug in der Hauptrolle, mein Vorbild schlechthin für eine Anwaltsserie.

Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht von einer Abel-Serie im Fernsehen geträumt hätte, nachdem die ersten Anfragen von Sendern für Romanverfilmungen kamen. Aber die Sendeplätze für Reihen waren rar.

Allerdings machten mir die Verfilmungen meiner Krimis Mut. „Notwehr“ war im damaligen Südwestfunk unter der Leitung von Dietrich Mack und Susan Schulte entstanden. Und Susan war auch für die dritte Abel-Verfilmung verantwortlich: „Frohes Fest, Lucie“, dem ersten Film, denn Roland Suso Richter drehte. Doch davon später, wenn dieser Roman erscheint. Nur so viel: Abel hatte insgesamt drei Interpreten, einer renommierter als der andere: Uwe Ochsenknecht in „Notwehr“, in „Frohes Fest, Lucie“ Thomas Heinze – und Günter Maria Halmer im „Dienstagmann“.

Halmer wurde von Frank Guthke besetzt. Er war bis dato als „Tscharlie“ aus den „Münchner Geschichten“ bekannt und international als Schauspieler fast mehr gesucht als in Deutschland. Das ist keine Seltenheit. Nicht nur der Prophet gilt im eigenen Lande manchmal nicht so viel. Halmer spielte beispielsweise 1982 den Auschwitz-Kommandanten Rudolf Hoess in „Sophie’s Choice“ und Dr. Herman Kallenbach in „Ghandi“ an der Seite von Ben Kinsgsley.

Günter Maria Halmer prägte wie kein anderer den Jean Abel, gab ihm über 20 Folgen von je 90 Minuten Gesicht und Charakter – und zwar dermaßen, dass ihn Leute in der Stadt mit „Herr Rechtsanwalt“ ansprachen und um den einen oder anderen Tipp in Rechtsangelegenheiten baten – und natürlich auch um Autogramme. Halmer verkörperte von der ersten Minute an für mich den typischen Münchner Flaneur und Bonviant, aber zugleich auch den Anwalt, der beißen konnte wie Salzsäure, wenn es um Wahrheit, Gerechtigkeit und seine Mandanten ging. Günter gehen die schwierigsten Dialoge, gespickt mit juristischen Fachwörtern ebenso leicht und elegant von den Lippen wie ein Flirt mit seiner Babyjane. Die Zuschauer sehen in ihm gleichermaßen den Intellektuellen, den Genießer und den Träumer. Einfach ideal!

Keiner der Abel-Filme spielt dort, wo ich ursprünglich die Romane und damit meine Hauptfigur angesiedelt habe: in Stuttgart. Denn Stuttgart verfügte damals über keine nennenswerte Filminfrastruktur. Die Studios des damaligen „Südwestrundfunks“ waren längst zerschlagen und ersatzlos aufgelöst worden. So musst Abel für die Filme auswandern – beim Südwestfunk nach Baden, für das ZDF nach München. München war und ist Filmstadt Nummer eins in Deutschland. Und München war damals nicht nur die so genannte heimliche Hauptstadt Deutschlands, sie war auch die Krimihauptstadt. Beste Voraussetzungen also für eine Serie.”